Dirty Lies Award für Herausragendes Greenwashing

Sehr geehrte Damen und Herren,

Es klang hier schon mehrfach an: eigentlich haben alle, die an der Konferenz da drüben teilnehmen, eine besondere Auszeichnung verdient. Daher ist es mir eine ganz besondere Ehre, dem World LNG Summit als Ganzes hier und heute den Preis für “Herausragendes Greenwashing” zu verleihen. Den vielen internationalen Konzernen, die – Klimaziele hin, Fossilausstieg her – unermüdlich kühne Pläne schmieden, wie sie ihr altbewährtes Geschäftsmodell bis weit in die zweite Hälfte dieses Jahrhunderts profitmaximierung weiterführen können. Da wäre zum Beispiel der australische Energieriese Woodside zu nennen, der mit einem Mega-Gasprojekt im Meer nicht nur den Lebensraum unzähliger teils bedrohter Arten umgepflügt, sondern mit dem Projekt auch eine der größten CO2-Bomben der Welt platzen lässt. Bis 2070 soll nördlich von Australien gefördert werden. Das ganze übrigens mit großzügiger Unterstützung der deutschen Unternehmen RWE und Uniper – ebenfalls auf der Konferenz anwesend – die frühzeitige und langfristige Lieferverträge mit Woodside schlossen und damit die Finanzierung endgültig absicherten.
Der Preis gilt außerdem den vielen fleißigen Lobbyistinnen und Lobbyisten, die – da bin ich zuversichtlich – alles dafür tun werden, fossiles Gas weiter als heilsversprechende “Brückentechnologie” zu verkaufen, eine Brücke, die uns vom fossilen Status-Quo in das fossile Weiter-So führt. Noch eleganter ist die Erzählung, LNG habe noch einen Platz in einer klimaneutralen Welt – denn die streben sie natürlich langfristig an. Glauben Sie mir nicht? Wie wäre es zum Beispiel mit: “Cementing LNG’s credentials as a fuel for the net zero scenario” - steht so in der Konferenzagenda. Der mächtigste deutsche Lobbyverband da drinnen heißt übrigens “Zukunft Gas”. Zukunft. Gas. Diese beiden Begriffe in einem Atemzug zu nennen - da würde ich gerne direkt einen Preis für das Marketing aussprechen!
Und nicht zuletzt seien hier die Politikerinnen und Politiker genannt, die dieser Tage im Adlon Lobeshymnen der Dankbarkeit auf die Gasindustrie singen und die Märchen der Lobby fröhlich weiterplappern. Vor allem der Politik ist es zu verdanken, dass neue LNG-Terminals und Infrastruktur – hier für den Import, da für den Export – weltweit wie Pilze aus dem Boden schießen, großzügig finanziert mit Milliarden aus den Steuerkassen. Dabei trotzen sie der Realität, in der dieser Boom langfristig zu leerstehenden Investitionsruinen führt. Schon jetzt sind die Anlagen in Europa nur knapp zur Hälfte ausgelastet. Und wer braucht schon Fakten, wenn sich mit schön klingenden Worthülsen wie “Wasserstoff” oder “CCS” riesige bunte Luftschlösser bauen lassen.

Es sind Vernetzungstreffen wie diese, die uns von den lästigen Anstrengungen zum Umbau unserer altbewährten Wirtschaftssysteme und Produktionsweisen so vorzüglich ablenken. Alle mutigen Anwesenden dort im Adlon sorgen dafür, dass die Welt bei ihrem Untergang zumindest so funktioniert, wie wir es gewohnt sind und einige wenige dabei noch Champagner trinken können. Deshalb sage ich: herzlichen Glückwunsch an den World LNG Summit. Der Preis für “Herausragendes Greenwashing” ist mehr als verdient! Vielen Dank.

a black and white image of an LNG ship